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Zweimal zu Besuch im herbstlichen Debrecen

Für diejenigen, die Debrecen (Debrezin) in Ost-Ungarn nicht kennen: diese ist eine mittelgrosse Stadt (zugleich aber auch zweitgrösster Stadt von Ungarn); eine Mischung aus Universitäts- und Marktstadt, zudem auch Hauptsitz der Reformierten (Calvinisten und Protestanten) in Ungarn. Die Stadt, die bis die Plattenbausiedlungen der kommunistischen Zeiten gebaut wurden, seinen kleinstadtischen Charakter aufbewahrt hat (bis zu den 19. Jahrhundert gab es hier kaum mehrstöckige Gebäuden), hatte 1884 die erste Dampftramway in Ungarn. Ab 1888 fuhr auch eine Pferdestrassenbahn, die 1911 elektrifiziert wurde. In der Blütezeit gab es sechs Strassenbahnlinien (10 bis 12 wenn auch E-Linien mitgerechnet werden), die zwischen 1970 und 75 - bis auf die Linie 1 - eingestellt wurden. Seit 1978 hat die Stadt einen O-Busbetrieb, und zur Zeit wird eine zweite Strassenbahnlinie geplant, die kein Wieder-, sondern ein völliger Neubau werden sollte.

Die Buslinien werden von der Hajdú Volán betrieben, der stadtseigene Verkehrsbetrieb DKV betreibt die Strassenbahn und den O-Bus. Die DKV hatte einmal auch eine gut ausgelastete Werkstatt: die Bengáli-Trams von Ungarn wurden teils hier gebaut, ausserdem machte man in den achtziger auch Hauptuntersuchungen für Budapest in Lohnarbeit.

Ein Besuch im Depot

Im Oktober gab es einen "Tag der offenen Türe", im November fuhr ich anlässlich einer Sonderfahrt nach Debrecen. Die Fotos auf dieser Seite wurden an diesen beiden Tagen gemacht.

Der HTw 260 links hat eine interessante Geschichte: der Wagen fuhr ursprünglich in Budapest (zuerst als BVVV 480, dann als BSzKRt 2944, danach als FVV/BKV 2964), und wurde Mitte der Achtzigern nach Amsterdam verkauft. Als im dortigen Strassenbahnmuseum der Platz eng wurde, wurde der Tw an die DKV vermittelt. Da ich in dieser Vermittlung aktiv mitgewirkt habe, ist es für mich sehr erfreuend, dass der Wagen nach dem Ankunft schnell wiederaufgebaut wurde. Die Ausführung entspricht deren der ehemaligen Wagen 257-259, die einem fast baugleichgen Typ gehörten (ex-Budapester Wagen der Serie 2800). Die "Frosch-lokomotive" Nr. 203 rechts kam auch aus Budapest: sie wurde um 1896 für die Budapest-Újpest-Rákospalota Vorortebahn gebaut (damals sah sie so aus), und ist - nach mehrfachen Umbauen - 1951 an Debrecen abgegeben worden.

Der historischer Zwillingszug 1884+1984 wurde ebenfalls aus Budapest übernommen, für die 100-Jahre-Feierlichkeiten. Diese Einheit fuhr hier nie im Planverkehr, sondern war und ist nur für Sonderfahrte vorgesehen.

Auf den "Tag der offenen Türe" durften wir die Strassenbahn- und O-Buswerkstatt besichtigen.

Ein Lauf- und ein Triebdrehgestell des KCSV6-Strassenbahnwagens, den wir auf das Bild oben links sehen können. Dieser Typ wurde in den 1990er von Ganz-Ansaldo und Ganz-Hunslet entwickelt. Leider war der Wagen für ungarischen Verhältnisse zu teuer, deshalb gibt es sie nur in Debrecen.

Links: der KCSV6 is ziemlich breit (2.5 Meter). Die Wagenenden sind verjüngt, und um die Lücke zwischen Tür und Haltestelleninsel zu überbrücken sind die untere stufen herausfahrbar. Rechts: der Betrieb hat auch eine sehr schöne verkehrshistorische Sammlung im Depot (das auf dem Bild ist natürlich nur ein kleines Teil davon).

O-Busse

Wie in den anderen O-Busbetriebe von Ungarn (Budapest und Szeged), benutzte auch dieser Betrieb bis unlängst SIU-9 und Ikarus-Obusse. Dann haben sie zwei Serien von Solaris/Ganz-Transelektro Busse gakauft, teils mit Dieselaggregat (zum Fahren ohne Fahrdraht, auf der Linie 3E).

Da die Firma Ganz-Transelektro neulich Konkurs gemeldet hat, bekamen die Debreziner ihre schon bestellten O-Busse verspätet. Als Zugabe haben sie auch diesen MAZ/Ganz-Transelektro O-Bus erhalten.

Links: Innenraum des MAZ-Obusses. Rechts: ein SIU-9.

Noch ein SIU, und dann auch ein Solaris. Letzterer wurde schon mit dem Firmenname "Ganz-Skoda" versehen, da Ganz-Transelektro von dem tschechischen Konzern gekauft wurde. Ausserdem hat der Wagen hier noch keine Betriebsnummer.

Sonderfahrt mit den historischen Bahnen

Im Oktober fuhren wir eine Runde auf der Linie 1 mit den Zwillingszug.

Links: im Depot, rechts: auf dem Bahnhofsvorplatz. Leider war das Wetter nicht besonders günstig fürs Fotografieren.

 

Zwei kurze Videos, auf denen die schönen altmodischen Geräusche des Gestelles zu hören sind.

Vor der Grossen Kirche, dem Wahrzeichen der Stadt (am Kossuth-Platz).

Im November fuhren wir mit dem 260er. Leider war das Wetter auch dieses Mal nicht gütig zu uns :(

Links: nur als wir schon ins Depot zurücktrafen erschien die Sonne. Rechts: ein KCSV6 vor der Grossen Kirche.

Die Seite wäre nicht vollständig ohne Bilder von den Bengális. Diese Fahrzeuge werden hoffentlich sehr bald verschwinden, da sie mit ihren starren Gestelle die Gleise unerträglich beanspruchen.

Schmalspurbahn "Zsuzsi"

Die Stadt verfügt noch über eine Schmalspurbahn, die von den Debreziner liebevoll "Zsuzsivasút" - "Susannebahn" genannt wird. Diese wurde 1882 mit der merkwürdigen Spurweite 950 mm gebaut, erst 1961 kam die Umspurung auf 760 mm. Die Bahn war bis 1977 ein vollwertiges Verkehrsmittel, das die umliegenden Dörfe und Gehöfte mit Debrecen verband. Nach 1977 wurde die Strecke teils eingestellt, und funktionierte für eine Weile sogar als Pioniereisenbahn. Die Einheimischen liessen die Liquidierung der Bahn in den Neunziger nicht zu, deshalb ist sie seit 1996 selbstständig, und funktioniert als Ausflugslinie.

Teil des Programms im November war eine Sonderfahrt auf der "Zsuzsivasút" mit einem Dampfzug. Diese winzige Lok (Bj. 1923) wurde - soviel ich weiss - vom Schmalspur-Museumsbahn Nagycenk übernommen.

Links: die Lok vor der Abfahrt in Debrecen-Fatelep. Rechts: 16 Kilometer entfernt, bei der Endstelle Hármashegyalja. Bis 31.8.1977 fuhr die Bahn von hier Richtung Nyírbéltelek noch weitere 30 Kilometer.


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